25 Jahre Gründerzentrum am Bayerischen Untermain – Interview mit Marc Gasper und Thorsten Stürmer:
Seit 25 Jahren unterstützt die ZENTEC als regionales Technologie- und Existenzgründungszentrum angehende Unternehmerinnen und Unternehmer am Bayerischen Untermain auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit. Anlässlich dieses Jubiläums blicken wir auf die interessante Unternehmensentwicklung.
Kurz vor Weihnachten 1995 fiel im Kreistag Miltenberg eine Entscheidung, die das Gründungsgeschehen am Bayerischen Untermain nachhaltig verändern sollte. Was genau war der Plan?
Stürmer: Es wurde beschlossen, dass ein Existenzgründerzentrum als Startrampe für Firmengründerinnen und -gründer und zur Bündelung der Gründungsunterstützungsaktivitäten unter einem Dach errichtet werden soll. Mit dem neu zu schaffenden Gebäude sollte Gründungsinteressierten im Landkreis ein gemeinsames Zentrum mit passender räumlicher Infrastruktur und zusätzlichen Serviceleistungen geboten werden. Dieses Rundumpaket sollte es den angehenden Gründerinnen und Gründern ermöglichen, sich auf die eigenen unternehmerischen Kernkompetenzen zu konzentrieren, ohne sich mit organisatorischen Fragestellungen abseits des Kerngeschäfts beschäftigen zu müssen.
Das klingt nach einem ehrgeizigen Plan. Dafür brauchte es sicher neben einem ernsthaften politischen Willen auch starke Partner. Wer war mit an Bord?
Gasper: Unter Führung des Landkreises Miltenberg und unter Mitwirkung der Sparkasse Miltenberg-Obernburg, der Raiffeisen-Volksbanken und der Gemeinde Großwallstadt wurde beim Freistaat Bayern im Frühjahr 1997 ein Förderantrag für die Errichtung eines Gebäudes in der Gemeinde Großwallstadt eingereicht. Der Freistaat Bayern sicherte im Herbst 1997 die Förderung zu, so dass noch im gleichen Jahr die Grundsteinlegung für das neue Gründerzentrum mit dem Namen innoZ erfolgen konnte.
Bereits im Oktober 1998 konnten wir so die ersten Mieterinnen und Mieter im neuen Gründerzentrum begrüßen. Darunter die Firma Applied Security, heute in Großwallstadt ansässig, und die Firma cqs, heute in Obernburg beheimatet. Mit mehr als 50 Mieteinheiten und mehreren Besprechungsräumen unterschiedlicher Größe, bot das Gebäude ausreichend Platz für die Ansiedlung junger Unternehmen und Start-ups.
Sie sagten gerade InnoZ, jetzt heißt es aber ZENTEC. Wie kam es zu der neuen Namensgebung?
Stürmer: Im Jahr 2000 folgte eine wichtige Weichenstellung für die zukünftige Zusammenarbeit der drei Gebietskörperschaften in der Region: Unter der Führung des Landkreises Aschaffenburg war – parallel zum Gründerzentrum in Großwallstadt – in Karlstein am Main eine komplementär positionierte Technologieagentur unter dem Namen „TIZ Technologie- und Innovationszentrale“ eröffnet worden, die Innovations- und Forschungsprojekte organisierte, Kontaktnetzwerke aufbaute und Beratungen durchführte. Um Synergien zu ermöglichen, wurde eine Fusion der beiden Einrichtungen vorangetrieben und im August 2000 unter dem Namen ZENTEC Zentrum für Technologie Existenzgründung und Cooperation GmbH umgesetzt. Die Gesellschafter der ZENTEC sind die beiden Landkreise Aschaffenburg und Miltenberg, die Stadt Aschaffenburg, die Sparkasse Aschaffenburg, die Sparkasse Miltenberg-Obernburg, die Raiffeisenbanken der Region Bayerischer Untermain, die IHK Aschaffenburg und die HWK Unterfranken sowie der Standort Großwallstadt. Neben der Intensivierung der Beratungskompetenz für Existenzgründungen wurde das Aufgabenspektrum um den Technologietransfer zwischen der damaligen Fachhochschule Aschaffenburg und der Wirtschaft am Bayerischen Untermain erweitert. Weitere neue Schwerpunkte wurden die gezielte Vernetzung regionaler Unternehmen sowie die Identifizierung neuer Trendthemen und damit einhergehend die Entwicklung von öffentlich geförderten Forschungs- und Entwicklungsprojekten am Bayerischen Untermain. Dies ist auch der Bereich, in welchem ich 2009 bei ZENTEC meine ersten Sporen verdiente.
Die ZENTEC ist heute auch in den Bereichen Regionalmanagement und -marketing aktiv. Wie kam es zu diesem neuen Geschäftsfeld?
Stürmer: Das ursprünglich über den Freistaat Bayern geförderte Regionalmanagement-Pilotprojekt „INITIATIVE BAYERISCHER UNTERMAIN“ wurde mit regionalen Geldern ab 2002 verstetigt und als eigenständige Marke zu Beginn des Folgejahres unter das Dach der ZENTEC integriert. Aktives Standortmarketing, Wirtschaftsförderung und Betreuung ansässiger Unternehmen, Förderung regionaler Produkte sowie Bildung ergänzen seither das bisherige Tätigkeitsfeld. Darüber hinaus übernahm die INITIATIVE die Aufgabe der Image- und Profilbildung der Region als „bayerische High-Tech Region mit Lebensqualität in der Metropolregion Frankfurt-Rhein-Main“.
Die Energiewende ist derzeit ein brandheißes Thema. Auch mit diesem Thema beschäftigen Sie sich bei ZENTEC.
Gasper: Ja, und nicht erst seit gestern. Wir sind froh, dass wir so frühzeitig in dieses Thema eingestiegen sind. Im Jahre 2011 wurde in der Region Bayerischer Untermain ein integriertes Energie- und Klimakonzept erarbeitet und veröffentlicht. Auf Basis dieses Konzepts wurde mit der ENERGIEAGENTUR Bayerischer Untermain eine eigene regionale Institution gegründet, um in der Region die Rahmenbedingungen zu schaffen, die gesetzten Effizienz- und Klimaziele voranzubringen, umzusetzen und zu überwachen. Um die bereits vorhandenen Synergien und Netzwerke aktiv zu nutzen und zur Vermeidung von Parallelstrukturen, wurde die ENERGIEAGENTUR unter das Dach der ZENTEC integriert. Als Aufgabenspektrum der Energieagentur wurde die Schaffung von Netzwerken, der Aufbau nachhaltiger regionaler Partnerschaften und die Initiierung gemeinsamer Programme, Maßnahmen und Projekte festgelegt. Und somit wurde auch meine Stelle bei ZENTEC geschaffen.
Ein Blick zurück – was wurde bisher erreicht?
Stürmer: Unserem Anspruch, als Vermittler zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zu agieren, die regionalen Unternehmen zu vernetzen und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, werden wir in vielen Teilen gerecht: Fast 150 Unternehmen haben die ZENTEC in den vergangenen 25 Jahren als Startrampe für ihre eigene Geschäftsidee genutzt. Neben zahlreichen Unternehmensgründungen konnten aber auch zahlreiche Innovationsprojekte, die im Auftrag und mit Finanzierung der Wirtschaft angebahnt und durchgeführt wurden, in der Region realisiert werden. Durch diese Projekte wurden nicht nur zukunftsfähige Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen entwickelt, sondern auch nachhaltige Arbeitsplätze in unserer Region geschaffen.
Wo steht die ZENTEC heute?
Gasper: Die Geschäftsfelder erstrecken sich aktuell auf vier Schwerpunkte: Betrieb des Gründerzentrums, Innovation und Gründungsberatung, Regionalmanagement und -marketing sowie Gestaltung der regionalen Energiewende. Mit unserem stetig wachsenden Team sind wir interdisziplinär aufgestellt und verfügen über ein hohes Maß an unterschiedlichsten Kompetenzen, die wir für diese Themen und zukunftsorientiert nutzen können.
Wo geht die Reise hin?
Gasper: In Abstimmung mit den politischen Entscheiderinnen und Entscheidern und den Gesellschaftern der ZENTEC wird das Aufgabenspektrum permanent auf den Prüfstand gestellt und bei Bedarf nachjustiert. Immer mit dem übergeordneten Ziel, die Region Bayerischen Untermain auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten und den Wandel aktiv zu gestalten. Was dadurch auf uns in der Zukunft zukommt, ist schwer vorhersehbar. Durch die immer schneller werdenden Veränderungsprozesse sehen wir uns immer wieder neuen Herausforderungen gegenüber, die wir proaktiv angehen.
Vielen Dank, Herr Stürmer und Herr Gasper für das interessante Gespräch.
Das Interview wurde von Katja Leimeister, approdos consulting, geführt.